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NAXOS - Das Demeterheiligtum von Sangri - Ein archäologisches Juwel

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2017-09-07 2017-09-07 07.09.2017

Neben der berühmten, zum archaischen Apollontempel des Lygdamis gehörenden Tempeltür auf dem kleinen Felshügel von Palatia am Hafen von Naxos und den Ausgrabungen im Heiligtum von Yria in der Ebene von Livadi, wo zwischen 1998 und 1999 umfangreiche Grabungen durchgeführt und eine Tempelanlage des Gottes Dionysos freigelegt wurde, ist das Heiligtum der Demeter² in der Gegend von Gyroulas südlich des Dorfes Ano Sangri ein wahres archäologisches Juwel, das uns einen Blick in die spannende Geschichte des antiken Naxos gewährt.

Das Dorf Ano Sangri liegt im Inselinneren auf einem flachen, gut 200 m hohen Hügel etwa 9 km südwestlich der Chora von Naxos, der Inselhauptstadt. Hier in der Gyroulas genannten Gegend gibt es zahlreiche byzantinische Kirchen und Kapellen, von denen viele unter Denkmalschutz stehen. Hier liegt auch jenes Heiligtum, das der griechische Archäologe Nikolaos Kontoleon im Jahre 1949 entdeckte und 1954 ausgrub. Zwischen 1976 und 1985 wurde es dann von Wissenschaftlern der Universität Athen unter der Leitung von Vassilis Lambrinoudakis und der Technischen Universität München unter der Leitung von Gottfried Gruben mit Unterstützung durch die Fritz-Thyssen-Stiftung erforscht. Umfangreiche Forschungsarbeiten des Archäologen Vassilis Lambrinoudakis und des 2003 verstorbenen Münchener Bauforschers Gottfried Gruben sowie Untersuchungen der Bauforscher Aenne Ohnesorg (München) und Manolis Korres (Athen) wurden im Jahr 2001 bekrönt, als eine umfassende Rekonstruktion des Baus aus antiken Bauteilen und modernen Ergänzungen erfolgreich abgeschlossen und somit dem einstigen Gebäude als einem wichtigen Zeitzeugen der archaischen Baukunst der Kykladen wieder ein Gesicht gegeben wurde. Das Projekt, zu dem auch eine kleine Sammlung mit Funden der Grabungen zählt, wurde „2003 mit dem Europa-Nostra-Preis in der Kategorie Erhaltung von Bauten, Kulturlandschaften, Sammlungen von Kunstwerken oder Bewahrung archäologischer Stätten“ ausgezeichnet.

Ungewöhnlich ist zum einen die Grundrissgestaltung dieses Baus, zum anderen das Faktum, dass der gesamte Oberbau „von den Fundamenten bis zu den Dachziegeln ausschließlich aus Marmor“ (Aenne Ohnesorg) besteht. Ungewöhnlich ist auch, dass die Fassade mit ihren fünf Säulen zwischen den Anten nicht im Osten liegt, sondern im Süden, dafür aber dem Bau immerhin einen tempelartigen Charakter verleiht. Der fast quadratische Grundriss von 13,29 x 12,73 m wäre für einen archaischen Tempel nämlich recht ungewöhnlich, lässt jedoch sofort an ein Telesterion denken, also an einen „saalartigen, geschlossenen Kultbau für die Versammlungen von Mysterienkulten“. In diesem Fall wäre es also ein Versammlungsraum mit fünf, sehr schlanken und quer gereihten Säulen im Inneren und dem im Süden angeschlossenen Pronaos mit fünf Säulen zwischen den Anten. Die fünf Innensäulen waren zudem unterschiedlich proportioniert, wie sich im Laufe der Forschungen herausstellte, und ursprünglich mit bemalten Blattkranzkapitellen ausgestattet. Einst trugen sie das Dach und unterteilten zugleich den Innenraum in zwei Schiffe. Die höchste Säule unter dem First misst immerhin 6,46 m, die beiden niedrigsten Säulen jeweils an den Seiten 5,40 m. Wie Aenne Ohnesorg anmerkt, überbrückten „fast vier Meter lange Balken (…) den Abstand zur Tür - und Rückwand, darüber (…) kleinere Schrägbalken, die mit durchscheinenden Marmorplatten abgedeckt waren“. Daraus kann man folgern, dass die Bedachung des Baus „als schräge Decke“ ausgebildet war. Eine mögliche Erklärung hierfür sehen einige Bauforscher darin, dass das Dach mit dünnen Marmorplatten gedeckt war, wodurch „das durchschimmernde Licht bei Sonnenaufgang für die Inszenierung des erlösenden Lichteinfalls nach den nächtlichen Mysterien eingesetzt werden konnte“, wie Gottfried Gruben konstatiert und als Beispiel Eleusis anführt. Im Übrigen scheint das Marmordach eine Erfindung der Kykladen gewesen zu sein, vielleicht nicht gerade hier in Sangri, aber auf den Kykladen, wie weitere Sakralbauten in Naxos, Delos und anderswo belegen. Dabei ist offenbar „die Transparenz des Marmors“ ein willkommenes Stilmittel gewesen, weswegen am Anfang des 6. Jhs. v. Chr. das bis dato übliche flache Erddach, auch vielfach eingesetzt im Wohnungsbau, jetzt durch ein Satteldach aus Marmorplatten ersetzt wurde. Außerdem führen zwei Marmorportale in das Innere des Gebäudes, wie der Grundriss zeigt. Derartige Marmorportale mit einem Ornamentfries und einem Gesims gibt es auch an anderen Bauten der Kykladen, sie sind seit dem sog. Oikos der Naxier in Delos offenbar Standard in der Kykladenarchitektur gewesen.

An diesen außergewöhnlichen, fast quadratischen Saalbau schließt sich nach Süden ein Pronaos mit der ersten uns bekannten Marmordecke Griechenlands an und gibt dem Gebäude damit einen tempelartigen Charakter. Es ist schon außergewöhnlich, dass eine derartige Marmordecke ausgerechnet in einem eher ländlich geprägten Heiligtum in dieser Frühzeit auftaucht. Dies muss aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass sie hier erfunden wurde. Die Decke besaß sieben fast 4 m lange Balken, von denen einer nach Angabe der Forscher vollständig erhalten ist. Alle Balken waren um 2 cm nach oben gekrümmt, „und zwar nicht in einer Kurve, sondern in einem dreiseitigen Polygon“, wie Gottfried Gruben betont. Dies muss sich auf die Decke übertragen haben, da sich „die gleiche Aufwärtskrümmung (…) an den entsprechenden Marmorpfetten der Dachdecke, jedoch nur an der jeweils firstseitigen Unterkante“ findet, die traufseitige Unterkante dagegen horizontal verlief. Alles in allem ein architektonisches Glanzstück der archaischen Baukunst, das sich allerdings in der klassischen Architektur nicht fortgesetzt hat!

Der heute aus vielen, insgesamt 1600 antiken und wenigen modernen Teilen lückenlos wiedererrichtete Bau präsentiert somit dem Betrachter sein einstiges Aussehen und auch seine Besonderheiten, von denen einige bereits zur Sprache kamen. Ungewöhnlich ist überdies, dass das Gebäude keinen Stufenbau besitzt. Damit fallen Euthynterie, also die „horizontal abgeglichene, vorspringende Krone des Fundamentes“, und der Stylobat, also die „Standfläche der Säulen“, zusammen und bilden eine Einheit. Dabei ruhen die glatten Säulenschäfte „auf Basen samischer, allerdings unkannelierter Formgebung“ und zeigen zudem „eine leichte Einziehung mit zunehmender Säulenhöhe“, während ansonsten bei Säulen der archaischen und auch der klassischen Zeit eine geringe Schwellung des Schaftes, die sog. Entasis, besteht. Ungewöhnlich ist darüber hinaus die Gestaltung der Blattkranzkapitelle, die hier nicht plastisch gearbeitet, sondern lediglich aufgemalt waren. Sie bilden allerdings, wie die Studien von Aenne Ohnesorg zeigen, „eine ionische Familie von Votivsäulen“ und sind auch für den Dipteros des Polykrates von Samos, den wir bei unserer ersten Yachtkreuzfahrt 2012 betrachteten, ebenfalls gesichert. Es gibt noch weitere Besonderheiten, die hier nicht näher betrachtet werden sollen.

Auf ein interessantes Detail soll indes hingewiesen werden. Die fünf Innensäulen, die den Raum in zwei Schiffe unterteilen, korrespondieren mit den fünf Säulen der Fassade des Pronaos und standen wie die Frontsäulen auf sog. samischen Basen, trugen außerdem erheblich zur Statik des Daches bei. Allein das Faktum, dass Innen- und Frontsäulen in Beziehung zueinander stehen, lässt erkennen, wie genau die Planung dieses Baus war, welche Überlegungen seitens der Architekten dieser Planung zugrunde liegen und welchen Anteil die Kykladen insgesamt an der Entwicklung der archaischen Architektur hatten. Die einzelnen Details des Baus erlauben eine Datierung in die Jahre um 530 v. Chr. und zeigen, zu welchen Erneuerungen man auch im ländlichen Bereich der Insel Naxos imstande war. Nach Ausweis der Funde war der Bau wohl der Göttin Demeter oder der Göttin Kore geweiht, wobei offenbleiben muss, ob er nicht eventuell dem Apollon zugedacht war, wie ebenfalls vermutet wurde.³

Damit sind wir bei der zentralen Frage angekommen, wie der Bau zu interpretieren sei. Die Deutung als Tempel ist zwar schwierig, aber keineswegs ausgeschlossen; schwierig allein wegen seiner Gestalt, aber durchaus möglich wegen seiner Fassadenbildung mit den fünf Säulen zwischen den Anten beim Pronaos. Dennoch sollten wir, wie ich glaube, eher die Möglichkeit ins Auge fassen, in dem Bau ein Telesterion, einen Versammlungsraum für einen Mysterienkult, zu erkennen. Somit wären wir beim Kult für Demeter oder Kore angekommen. Demeter, die Erdmutter, aber auch die Kornmutter, ist nach griechischer Auffassung eine Muttergöttin aus dem griechisch-kleinasiatischen Raum, eine „Göttin des Wachstums und der Fruchtbarkeit, besonders des Ackerbaus und des Getreides“, wie es im Brockhaus heißt. Sie ist „im griechischen Mythos eine Tochter des Kronos und der Rhea und damit eine Schwester des Zeus“, wie Erika Simon formuliert. Allerdings ist auch nicht zu übersehen, „dass ihre Macht, ehe die Zeusreligion nach Hellas kam, größer gewesen war“, wie Erika Simon gleichfalls anmerkt und weiter ausführt: „Diese Macht potenzierte sich in einer Zweiheit. Neben Demeter stand ihre Tochter, welche die Griechen Kore (Mädchen) oder Despoina (Herrin) nannten. Sie galt meist als Tochter des Zeus, in Arkadien war Poseidon ihr Vater. Das ist gewiss die frühere Version, denn Poseidon war in der Ägäis älter als Zeus. Aber der Vater spielt bei Kore im Grund keine Rolle. Sie ist das über alles geliebte Kind der Demeter. Zweiheiten von Mutter und Tochter, in denen die Tochter die verjüngte Mutter war, scheinen für die ägäische Religion bezeichnend gewesen zu sein. Vergleichen lassen sich Rhea und Hera, Hera und Hebe, vielleicht auch Helena und Hermione. Dem entsprechen Darstellungen in der minoisch-mykenischen Kunst. So zeigen die Schmalseiten des Sarkophags von Hagia Triada jeweils ein Paar von Göttinnen auf einem Wunderwagen. Demeter und Kore wurden in vielen Kulten als Dual mit einem gemeinsamen Namen zusammengefasst. Sie konnten sogar Demeteres heißen. Meist aber wurden sie einfach, die beiden Göttinnen, genannt.“

Mit Demeter aufs engste verbunden sind zum einen die Thesmophorien, „eine ausschließlich von Frauen begangene Feier“ zu Ehren der Gottheit im Spätherbst, über deren Herkunft Herodot (2, 171) berichtet und die nach Nilsson in >>unvordenkliche Urzeit<< zurückführt, zum anderen die Mysterien von Eleusis bei Athen, die, wie Erika Simon bemerkt, „von den Religionshistorikern bald aus Ägypten oder Kreta hergeleitet, bald (…) als bodenständig“ angesehen wurden. Der Ausgräber von Eleusis, George Mylonas, schließt allein wegen der Bodenfunde in Eleusis sowohl Kreta als auch Ägypten als Herkunftsland aus und vermutet stattdessen die Heimat der Mysterien in Thrakien, wobei er dies im Wesentlichen mit der Herkunft des Stammvaters „des vornehmsten eleusinischen Priestergeschlechtes, der Eumolpiden, aus Thrakien“ begründet. Erika Simon dagegen sieht den Ursprung des Kultes in der kornreichen Ebene von Kopais in Boiotien und begründet dies u. a. mit dem Demeterheiligtum von Pyrasos, das das älteste in Griechenland ist und schon in der Ilias bei Homer erwähnt wird (Ilias 2, 695 f.). Wie dem auch sei: Uns interessiert hier in erster Linie das Demeterheiligtum in Eleusis selbst, mit dem die Ausgräber einen eigenwilligen Bau freilegten, das sog. Telesterion, einen Bau des Architekten Iktinos, in dessen planerischer Verantwortung auch der Bau des Parthenon auf der Athener Akropolis lag. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das sog. Telesterion in Eleusis an einer Stelle steht, die bereits in mykenischer Zeit als Kultstätte diente und an deren Stelle schon im 6. Jh. v. Chr. ein Saalbau archäologisch nachgewiesen werden konnte. Das sog. Telesterion des Iktinos kann zwar rekonstruiert werden, ist aber nicht fertiggestellt und nach dem 5. Jh. v. Chr. - vor allem vom 4. Jh. v. Chr. bis in die römische Kaiserzeit - mehrfach umgestaltet und erweitert worden. Der Archäologe Heiner Knell erkennt in dem Iktinos-Bau das „in der örtlichen Tradition verhaftete Prinzip des introvertierten Saalbaues, der im Gegensatz zu aller gängigen klassischen Architektur steht“, hier sogar verbunden wurde mit dem Anaktoron, einem „Gehäuse der Göttin, das ihr hölzernes Kultbild barg“. Knell betont zugleich „seine gestreckte Rechteckform über alle Zeiten“, alles Zeichen „einer zähen Kulttradition“, die sogar typisch sein mag für ein Mysterienheiligtum und das Geheimnisvolle des Kultes dokumentieren soll. Ansonsten beeindruckt dieser klassische Bau mit seiner Fläche von 49,44 x 51,56 m als „der zu seiner Zeit größte überdachte Kultraum der griechischen Welt“ (Heiner Knell). Interessant ist zudem, dass sich der Architekt Iktinos bei dem sog. Telesterion in Eleusis erneut nach dem Parthenon in Athen mit einem Vorgängerbau des Kimon auseinanderzusetzen hatte, der das Gebäude wohl als quadratischen Bau mit einer Seitenlänge von über 100 m und im Inneren mit 49 Säulen geplant hatte. Vorgesehen war also ein Säulenwald, der die „Idee der labyrinthischen Mysterien“ spiegeln sollte. Diesen Plan veränderte Iktinos grundlegend, indem er einen Grundriss in Form eines leicht gestauchten Rechtecks wählte und „die 49 geplanten Säulen seines Vorgängers durch lediglich 20 etagierte Säulen, die in ein klares Bezugssystem zum Gesamtbau gestellt wurden“, ersetzte. Hauptmerkmal des Telesterions waren die Wände „aus dunklem, einheimischem Gestein“, wodurch das Mystische dieses Kultes architektonisch untermauert werden sollte. Dagegen formulierte Iktinos das Innere besonders klar und stellte das Anaktoron, wie eine Gegenüberstellung der Grundrisspläne der Jahre um 525 v. Chr. und des 5. Jhs. v. Chr. zeigt, in die Mitte des Raumes, womit es „zum Mittelpunkt der architektonischen Konzeption und wahren Zentrum ihres geistigen Gehaltes“ wurde. Die Anlage ist im Norden an den ansteigenden Fels gelehnt, weswegen Doppelzugänge nur an drei Seiten angelegt sind und die im Inneren angebrachten Treppenstufen im Norden aus dem Fels herausgearbeitet wurden. Hier auf den Sitzstufen gab es angeblich Platz für bis zu fünftausend Mysten, wobei offensichtlich „Galerien im zweistöckigen äußeren Umgang (…) weitere Teilnehmer der Mysterienfeier aufnehmen“ konnten, wie Knell vermutet. Mit diesem Entwurf ist dem Architekten Iktinos erstmals ein Zentralbau gelungen, der, wie Heiner Knell postuliert, „mit einem der Zentralbauidee eher entsprechenden Walmdach ausgestattet werden sollte“. Ein Giebeldach, wie beim archaischen und spätklassischen Telesterion ist schon aus ästhetischen Gründen auszuschließen. Deswegen wurde auch vermutet, Iktinos habe die gesamte Anlage „außen mit einer Säulenhalle im Süden und an den Flanken bis an den ansteigenden Hang umrahmt“.

Wenngleich der Entwurf des Iktinos nicht vollends zur Ausführung kam und beim Ausbruch des Peloponnesischen Krieges „weder die äußeren Hallen noch der Innenraum“ fertiggestellt waren, ja sogar „die geniale Idee des weitgespannten Zentralraumes“ ad acta gelegt wurde und man wieder zum alten „Säulenwald“ im Inneren zurückkehrte, dabei „auch auf die u-förmige Klammer der Außenhallen“ verzichtete, kann trotzdem dieser klassische Entwurf des Iktinos in Eleusis für unsere Diskussion von Nutzen sein. Er zeigt nämlich, dass auch hier in Eleusis versucht wurde, dem Bau ein tempelartiges Äußeres zu geben und ihn im Inneren entsprechend zu gestalten. Dabei spielten wie in Sangri Säulen im Innen- wie im Außenbau eine große Rolle, wichtig war auch das geschlossene Mauerwerk der Außenmauern, worin das Schreinartige, das Mystische, architektonisch ausgedrückt wurde.

Die Mysterien von Eleusis waren „Initiations- und Weiheriten“ zu Ehren der Göttinnen Demeter und Kore, deren Grundlage der Mythos von Demeter und dem Raub ihrer Tochter durch den Unterweltsgott Hades war. Im Mittelpunkt der eleusinischen Feierlichkeiten stand die Rückkehr der Tochter in die Welt der Lebenden, was mit dem Frühlingsbeginn gleichgesetzt wurde. Weil die Mysterien von Eleusis zum Staatskult der Athener gehörten, wurden Teilnehmer aus dem gesamten Staatsgebiet der Polis Athen in die Mysterien eingeführt. Die Teilnehmer der Mysterien mussten Stillschweigen über die Geschehnisse während der Kultfeierlichkeiten bewahren, ansonsten drohte ihnen die Todesstrafe. Die Einweihung in die Mysterien erfolgte im Telesterion, also, wie es Erika Simon formuliert, „einem Bau, der in nichts einem kanonischen Tempel glich“, sondern sowohl in der archaischen wie in der klassischen Epoche „ein rechteckiger, ganz auf den Innenraum abgestimmter Bau“ war, ausgestattet mit einem „Wald von Säulen“ und dem Anaktoron in seiner Mitte. Da das Anaktoron über dem mykenischen Tempel lag, sollte er wohl, wie Erika Simon und andere vermuten, „eine Nachbildung des altehrwürdigen Baues sein, der im Demeterhymnus erwähnt ist“ (297 ff.).

Aus dem bisher Gesagten ergibt sich für das Heiligtum von Sangri die Schlussfolgerung, in dem Bau doch wohl ein Telesterion für die Göttin Demeter der Jahre um 530 v. Chr. zu sehen, offenbar gestiftet von den Dörfern der Umgebung. Die Datierung ergibt sich in erster Linie aus dem architektonischen Befund wie Kapitelle, Säulen, Marmorquader und dergleichen und aus ihrem Vergleich mit anderen Bauten. Somit ist der Bau in Sangri ein wichtiger Vertreter der spätarchaischen Zeit, der uns einiges über den Beitrag der Kykladen zur Entwicklung der archaischen Baukunst Griechenlands verrät. Nach außen durch den Pronaos im Süden scheinbar als Tempel angelegt, erweist sich das Telesterion im Ganzen aber als ein ziemlich geschlossener, durch die innere Säulenstellung in zwei Schiffe geteilter Marmorkörper, durch dessen durchscheinende Marmorplatten auf dem Dach zwar gedämpftes Licht ins Innere dringen konnte, der aber ansonsten durch seine geschlossenen Seitenwände aus Marmorquadern einen eher kompakten Raumeindruck ergibt. Dies kommt dem Charakter des Baus als Telesterion sicher zugute und unterstreicht außerdem noch architektonisch dessen Funktion. Seine fast quadratische Grundrissführung lässt darüber hinaus vermuten, dass der Architekt des Baus in den Jahren um 530 v. Chr. in dieser ländlichen Gegend den Versuch unternommen hatte, eine Art Zentralbau zu konzipieren und diesen gleichzeitig nach außen in die Gestalt eines Tempels zu kleiden, ein architektonisches Experiment. Deswegen legte er auch ein besonderes Gewicht auf die Gestaltung der Säulen, die zum einen in einer Fünfergruppe die Fassade des Pronaos gliedern und von den Antenwänden umrahmt werden, zum anderen den Innenraum ebenfalls durch eine Fünfergruppe in zwei Schiffe teilen und zugleich in Bezug zueinander stehen. Hier zeigt sich, dass der Architekt es verstand, mit einfachen Stilmitteln eine klare Gliederung zu erreichen und sich dabei des Formenrepertoires der archaischen Baukunst einerseits gekonnt bediente und andererseits interessante Neuerungen einführte. So zeigt der Bau eine leichte Kurvatur, also eine „zur Mitte hin steigende Krümmung von Stufenbau, Wänden und Gebälk“, die den gesamten Bau durchzieht, jedes Bauteil erfasste und für diese frühe Zeitstellung der Jahre um 530 v. Chr. in diesem ländlichen Raum schon bemerkenswert ist. Mit den Worten des Bauforschers Gottfried Gruben können wir schließen und feststellen: „Das ganze nur 13 x 13 m große Telesterion zeigt eine unbefangene Freiheit des Entwerfens und Konstruierens, eine Frische des Erfindens und Experimentierens, die unsere Zwangsvorstellung von der kohärenten, in strenge Typen und Formengesetze eingebundenen Entwicklung durchbricht. Dennoch ist mit (…) ihrem die Möglichkeiten des Marmors ausschöpfenden Formenaufbau (v. a. Fries, glattes Geison, Marmor-Decke und -Dach) ein eigentümliches System geschaffen worden, das in attischen Bauten des 5. Jhs. v. Chr. weitergeführt wird, übrigens beim Nike-Tempel und beim Erechtheion wiederum sehr ungebunden. Als notorischer Vitruvianer habe ich dieses System umgehend zu einem neuen genus, der  >inselionischen Ordnung< (…), kanonisiert und damit vielleicht gerade die schöpferische Freiheit dieser Architekturlandschaft verdeckt, die ja auch (…), dorische Anregungen phantasievoll durchgespielt hat.“

Der Bau von Sangri kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Spätestens im 6. Jh. n. Chr. erlebte er eine erneute Blüte, jetzt als frühchristliche Basilika, in die er umgewandelt wurde. Dabei wurden die antiken Bauteile wiederverwendet, sodass sie auf diese Weise der Nachwelt erhalten blieben. Anders als bei einem griechischen Tempel, dessen Cella meist recht kleinräumig ausfiel und deswegen erhebliche Umbauten erforderlich waren, war hier in Sangri der Umbau wesentlich einfacher und man konnte einzelne antike Bauteile wieder nutzen. So wurde an den fast quadratischen Innenraum ein Altarraum angebaut, dessen Mittelteil apsidial abschloss und an den Seiten von Pastophorien umrahmt wurde. Der Innenraum selbst wurde durch Säulen bzw. Antenwände in drei Schiffe geteilt und im Süden anstelle des Pronaos eine erweiterte Narthexzone angefügt. Auf diese Weise entstand eine kleine, klar gegliederte und in drei Schiffe gegliederte frühchristliche Basilika.

Anmerkungen
1 http://www.baufo.ar.tum.de/index.php?id=74 (Aenne Ohnesorg, Das Demeter-Heiligtum beim Dorf Sangri auf Naxos/Kykladen).
2 G. Gruben, Die Tempel der Griechen, München 1980³, 340, 342-344, 346. V. Lambrinoudakis, G. Gruben, A. Ohnesorg u. a., Naxos – Das Heiligtum von Gyroulas in Sangri. Eine neugefundene drei Jahrtausende alte Kultstätte der Demeter, in: Antike Welt 33, 2002, 387 ff.
3 G. Gruben, Klassische Bauforschung, München 2007, 162 ff., 245 ff.
4 E. Simon, Die Götter der Griechen, Darmstadt 1985, 91 ff.
5 G. E. Mylonas, Eleusis and the Eleusinian Mysteries, Princeton, New Jersey 1961. H. Knell, Grundzüge der griechischen Architektur, Darmstadt 1980, 219 ff. (Telesterion).

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